κέρας Ἀμαλθείας – Amaltheia und ihr Füllhorn
Teil 1 – Die Tomate
Mit Nektar und Ambrosia habe die göttliche weiße Ziege Gott Zeus aus einem ihrer abgebrochenen Hörner genährt und mit ihrer Milch gesäugt. Damit Titan Kronos das oftmals weinende Kleinkind nicht hören und damit finden konnte, kamen ihr kleine Geister zu Hilfe, die mit Holzlöffeln auf Pfannen und Töpfe schlugen und den kleinen Zeus so beschützten.
Das Füllhorn steht für den Herbst, die Ernte, den Überfluss. Und für mich steht diese wunderbare Jahreszeit für intensive Düfte und Farben. Für Süße und Schwere. Für das Hervorbrechen all dessen, was den Sommer über wachsen und reifen durfte. Ich liebe die Nebel am Morgen, die feinen Spinnenfäden im Gegenlicht, den aufkommenden Wind, der die Nordsee – zumindest ihren Geruch – weit ins Land trägt. Die oftmals von einer zur anderen Sekunde wechselnden Lichtverhältnisse. Eben noch bricht fast gleißend die Sonne durch die dunklen Wolken und zaubert den Blick aus dem Küchenfenster in eine Caspar-David-Friedrich-Stimmung. Im nächsten Moment schon ergießen sich die Wolken, und Erde und Sand spritzen auf unter dem kräftigen Regen. Die Landschaft um mich herum taucht gestochen scharf aus dem Regen auf, um irgendwann dann wieder in Mattigkeit und Nebel zu versinken. Laub in sattem Orange, kräftigem Grün, in Rot- und Brauntönen, die prallen Kastanien, die Einfahrt voller reifer Eicheln, die unter jedem Schritt zerplatzen – nichts davon kann ich festhalten.
Es dauert nicht mehr lange und alle Farben sind Grau, Sand, Beige und Dunkelbraun gewichen. Aber mit der Kamera in der Hand, da lassen sich diese schönen Momente und Eindrücke sehr wohl festhalten. Und um auf Zeus und seine Ziege zurückzukommen: Mit Pfannen und Töpfen, Geklapper und Geklimper treibe ich zwar keine Titanen in die Flucht, aber ich fange mir den Sommer ein, bette ihn in Öl, versüße ihm den Winter und halte es ganz wie meine Urahnen: Ich sammle, horte und sorge für Vorräte.
Und ich schaffe mir das schöne Gefühl, den Sommer mit in den Winter nehmen zu können.

Aus dem Füllhorn dieses Sommer:
Tomaten – getrocknet, eingelegt, zur aromatischen Sauce verkocht.



Sie schmecken einfach köstlich, weil sich das ganze Aroma der Tomate auf nur wenig Frucht konzentriert. Da explodieren die Geschmacksnerven.

Sud aus Apfeldicksaft, Weißweinessig, Kräutern und Salz – ausgekocht. Die Tomaten angepiekst mit einem Holzstäbchen, dann ganz mit Stumpf und Stil in den Sud, Deckel drauf und abwarten – zumindest sieht es hübsch aus.

Tomaten in Vierteln in Öl angedünstet, dabei Zwiebeln und Knoblauch, brauner Zucker und Salz, etwas Zitronensaft, viel Liebe – im Backofen bei 140 Grad gegart und so lange sich selbst überlassen, bis die Masse deutlich eingedickt ist. Durch ein Sieb passiert, noch einmal aufgekocht und reduziert, in sterile Flaschen abgefüllt, im Wasserbad eingekocht – unglaublich intensiv im Geschmack und eine tolle Basis für Suppen, Saucen und Pastagerichte.

Fortsetzung folgt…
Dann geht es in den Wald nach Kleve, zu Steinpilz, Marone, Krauser Glucke & Co.

The preserved tomatoes look beautiful.
Wow, ich bin wieder ganz hin und weg … so ein schöner Text und so stimmungsvolle Fotos 🙂 Dass man im Bild etwas von all der schönen Herbstimmung festhalten kann, macht für mich einen großen Teil der Faszination an der Fotografie aus. Außerdem bin ich ein unverbesserlicher Jäger und Sammler und es ist gut, wenn ich das per Foto ausleben kann 😉
Deine Tomatenrezepte kommen auch sehr appetitlich rüber. Der größte Teil meiner Tomatenernte ist dummerweise während unseres Urlaubs angefallen, so dass ich den Rest wohl eher frisch auf den Tisch bringe. Aber zumindest hatten die lieben gartenversorgenden Nachbarn was vom großen Erntesegen 😉
Liebe Heike, ein Genuss für die Augen, deine Worte voller Poesie – so ist der Herbst! Deine Rezepte sind verführerisch und laden zum Nachmachen ein. Vielen Dank für’s Teilen deiner Gedanken und tollen Fotos. Geniesse die Herbsttage.
Wunderbar „anmachende“ Bilder….
Vielen lieben Dank dafür!
Sabine